18.06.2023
Mit Sorgfalt und Bescheidenheit
Für Davos
Mit Sorgfalt und Bescheidenheit für einen hochwertigen Lebensraum
«Bauen ist auch immer ein Stück Zerstörung der Heimat!» Oder wie es der bekannte Architekt Luigi Snozzi gesagt hat: «Jeder Eingriff bedingt eine Zerstörung, zerstöre mit Verstand.»
Davos will sich weiterentwickeln, nicht stehenbleiben, das ist positiv. Die Frage stellt sich nur, mit welcher Geschwindigkeit, mit welcher baulichen Qualität, und wer profitiert davon? Ist es die Allgemeinheit oder sind es Einzelne. Die Entstehung von qualitativ hochwertigem Lebensraum für die Menschen sollte beim Bauen immer im Mittelpunkt stehen, nicht die Rendite.
Die vorherrschende Goldgräber Stimmung scheint zurzeit aber kein Ende zu nehmen. Das Zweitwohnungsgesetz und die Corona-Pandemie haben den Wohnungsmarkt aber auch unsere Kulturlandschaft dabei zusätzlich unter Druck gebracht. Die Folgen davon sind steigende Mietpreise, ein Mangel an Erstwohnungen und ein fragwürdiger Umgang mit dem baulichen Erbe und seiner Umgebung. Schauen wir jüngste Beispiele an, wie Clavadel, hier scheint der Verstand wie es Luigi Snozzi in seinem Zitat gemeint hat, völlig abhanden gekommen zu sein. Wird nicht mit Sorgfalt und Rücksicht auf den Kontext eingegangen, geht ein Stück Identität verloren, und gesichtslose banale Architektur prägt fortan unsere Umwelt. Das kann wohl nicht im Interesse eines Tourismusortes liegen.
Die anstehenden Grossprojekte in der Landschaft Davos werden den Lebensraum von uns allen aber auch der kommenden Generationen prägen. Darum sollten wir genau hinschauen, wie diese Projekte unser Leben aber auch unsere Umgebung beeinflussen. Grosse Visionen braucht es, dennoch sollten wir wieder mit mehr Bescheidenheit agieren, Zusammenhänge ganzheitlich anschauen und von der Geschichte lernen: sei es von der Geschichte der Sanatorien, mit ihren südlich vorgelagerten Gärten zur Erholung oder von völlig überdimensionierten goldigen Eiern, welche nur wenige Wochen im Jahr angelastet und darum langfristig nicht rentabel sind, oder von Personalwohnungen, welche in Zweitwohnungen umgenutzt wurden. Das endlosscheinende Bedürfnis an bewirtschafteten Wohnungen wirft ebenfalls Fragen auf. Machen wir doch nicht weiter dieselben Fehler und tragen uns und unserer Umgebung wieder mehr Sorge. Es braucht ein verträgliches, nachhaltiges Mass. Es ist nun Zeit, Verantwortung zu übernehmen und nicht nur von vergangener Baukultur zu sprechen, sondern heute diese auch zu leben.
Georg Krähenbühl dipl. Architekt ETH SIA SWB
Krähenbühl Architekten Studio, Davos / Chur